Vor allem in Bezug auf neurosensorisches Training, insgesamt aber auch hinsichtlich meiner übrigen Angebote und Veröffentlichungen ist es wichtig zu wissen, wie sich Gefühle, Emotionen & Empfindungen unterscheiden – denn ich verwende die Begriffe nicht synonym.

Empfindungen = körperliche Reaktionen

Empfindungen definiere ich in Anlehnung an Peter A. Levine als körperliche Reaktionen, die wir bestenfalls umschreiben, aber nicht wirklich benennen können, wenn wir von Worten wie „kribbeln“, „zittern“, „gähnen“ o.ä. einmal absehen. Wie sich ein Gähnen, ein Kribbeln oder Zittern genau anfühlt, was in uns dabei passiert, können wir nicht in Worte fassen. Ein anderer Begriff für Empfindung ist „Sensation“, von engl. Sense für Sinn.

Empfindungen sind insoweit die Grundlage für das, was wir Intuition nennen. Da Empfindungen aus dem Verhalten unserer Organe, Drüsen, Nervenzellen, Gewebe etc. resultieren und diese über unser autonomes Nervensystem auf der Grundlage der Neurozeption geregelt werden, kann sich unsere vielgepriesene Intuition durchaus auch irren.

Gefühl = Empfindung + Interpretation

Gefühlen wohnt im Gegensatz zu Empfindungen eine Bewertung bzw. Interpretation inne. Ein Gefühl ist damit sozusagen eine Empfindung plus deren Interpretation. So gelangen wir zu Wörtern wie traurig, wütend, froh oder ängstlich. 

Echte Gefühle bleiben nur wenige Sekunden lang präsent, dann verschwinden sie wieder. Ihre Aufgabe ist lediglich, uns über etwas zu informieren. Dauern sie längere Zeit an oder kommen sie „immer wieder hoch“, sind sie „Gefühle von früher“, die nicht verarbeitet werden konnten (Emotionen).

Emotion = Erinnerung

Emotionen definiere ich als implizite Erinnerungen, die sich auf etwas beziehen, das wir in der Vergangenheit als bedrohlich wahrgenommen haben. Sie resultieren aus körperlichen Reaktionen, die darauf beruhen, dass unsere Neurozeption in den 11 Millionen Sinneseindrücken, die pro Sekunde auf uns einprasseln, etwas entdeckt, das „schon einmal so“ und (be)merkenswert war, weil es in unserer Wahrnehmung geeignet war, die Entfaltung unseres kreativen Potenzials und/oder sogar unser Überleben zu gefährden. Unser autonomes Nervensystem regelt unsere Organfunktionen dann „so wie damals“, damit wir entweder die Situation möglichst (wieder) überleben bzw. unser kreatives Potenzial zur Entfaltung bringen können.

Dabei findet auch eine Interpretation des Empfundenen statt, weshalb ich manchmal sage, dass Emotionen „nicht zu Ende gefühlte Gefühle aus der Vergangenheit“ sind. „Nicht zu Ende gefühlt“ deutet darauf hin, dass eine Emotion Folge eines Ereignisses ist, das nicht vollständig verarbeitet wurde (daher spielt in Sachen Emotionen auch Trauma eine Rolle). „Gefühl aus der Vergangenheit“ nimmt Bezug auf die Bewertung bzw. Interpretation der körperlichen Reaktionen, die im Zuge des vergangenen Ereignisses von unserem autonomen Nervensystem hervorgerufen wurden. 

Gefühle, Emotionen & Empfindungen unterscheiden:
Beispiel „verliebt sein“

Das „Verliebtsein“ liefert ein schönes Beispiel, um die Sache mit den Gefühlen, Emotionen und Empfindungen zu erläutern. Die mit dem „Verliebtsein“ einhergehenden Empfindungen werden oft als „Schmetterlinge im Bauch“ beschrieben. Die meisten von uns haben gelernt, diese „Schmetterlinge“ als etwas zu interpretieren, dass „gut“ und erstrebenswert ist. Das Gefühl, das daraus wird, wird „Liebe“ genannt. 

Kommt Ihnen das bekannt vor und regt sich Widerstand in Ihnen? Dann könnten Sie herausgefunden haben, dass Sie sich schon (mindestens) einmal ver-liebt haben – und dass Ihnen Ihre Neurozeption mit den „Schmetterlingen im Bauch“ mitgeteilt hat, dass an der Sache irgendetwas nicht stimmt. Tatsächlich kennzeichnet die Empfindung, die mit den „Schmetterlingen im Bauch“ beschrieben wird, Angst – deshalb kann die Empfindung als solche von manchem auch als sehr unangenehm wahrgenommen werden. Würden wir uns hinsetzen und ein Gegenüber, in das wir „verliebt“ sind, daraufhin untersuchen, warum es in uns Angst auslösen kann, kämen wir den Emotionen auf die Schliche, die der Sache zugrunde liegen. Es kann durchaus sein, dass wir dann plötzlich nicht mehr „verliebt“ sind und den anderen ziehen lassen – oder entdecken, was Liebe in Wahrheit ist. 

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